Kürzlich setzten wir unseren UX Power Days-Ansatz (eine Adaption des berüchtigten Google Ventures Design Sprints) wieder einmal in einem Kundenprojekt ein. Die Aufgabe: den Umfang einer digitalen Lösung für ein angenommenes zukünftiges Problem in der Radiobranche zu definieren. Normalerweise führen wir alle gemeinsamen Aktivitäten in einer intensiven Workshop-Woche durch. Aus organisatorischen Gründen mussten wir den Prozess jedoch diesmal über mehrere Wochen strecken.
Das Ergebnis ist durchaus nützlich, bei genauerer Betrachtung aber nicht annähernd so konkret, abgestimmt, umsetz- und testbar, wie ich es von diesem Vorgehen gewohnt bin. Das brachte mich ins Grübeln. Lag es an dem gestreckten Bearbeitungszeitraum oder wäre vielleicht ein anderes Vorgehen wie LeanUX besser geeignet gewesen?
Lasst uns also die beiden Ansätze miteinander vergleichen:
Grundsätzlich dienen beide der Lösung von Designproblemen, aber sie zielen auf unterschiedliche Herausforderungen ab und haben damit unterschiedliche Vorteile.
UX Power Days
Diese eignen sich am besten für die Lösung von klar definierten, mittelkomplexen Problemen. Sie sind besonders effektiv für digitale Lösungen mit mittlerem Umfang, wie z. B. eine Kernfunktion einer App oder Software. Der Hauptvorteil von UX Power Days besteht darin, dass die Stakeholder in den Prozess integriert sind, was bedeutet, dass ihr Denken und ihr Input Teil der Lösung werden.
Das Ergebnis der UX Power Days ist eine Lösungsidee für das Kernfeature zusammen mit einem greifbaren User Flow. Dieser wird mit echten Nutzer:innen getestet und validiert. Die eigentliche Ausarbeitung mit Wireframes und Screendesigns erfolgt aber ohne Einbeziehung von Nutzer:innen.
Um sicherzustellen, dass die UX Power Days ihr Potenzial ausschöpfen, muss eine klar definierte Problemstellung vorliegen. Rückblickend auf das eingangs erwähnte Projekt scheint es mir zudem wichtig zu sein, die Workshops in einem begrenzten Zeitrahmen durchzuführen (z. B. 2 x 6 Stunden vor Ort oder 3 x 4 Stunden remote). Eine Verteilung der Aktivitäten auf mehrere Wochen oder Monate beeinträchtigt die Dynamik des Prozesses deutlich, führt zu Unschärfen und vermindert die Entwicklung eines gemeinsamen Zielbildes.
LeanUX
Zeitraum (vielleicht ein paar Wochen) zu verteilen. Außerdem erlaubt er eine asynchrone remote Bearbeitung durch die Teammitglieder und ist damit deutlich flexibler einsetzbar.
Das liegt wahrscheinlich am zugehörigen Canvas, das den Prozess unterstützt und es den Teams ermöglicht, das zu lösenden Problem zu verstehen. So werden die wichtigsten Punkte identifiziert, die vor der konkreten Lösungserstellung (Wireframes, Screendesigns) zu validieren sind.
Der Canvas ist in vier Hauptabschnitte unterteilt. Der erste Abschnitt "Problem" hilft, das Problem zu verstehen, das gelöst werden soll. Im Abschnitt „Lösung“ werden die Schlüsselelemente für eine mögliche Lösung herausgearbeitet. Darauf folgt der Schritt „Metriken“, in dem definiert wird, wie sich der Erfolg der Lösung messen lässt. Zuletzt werden im Abschnitt „Annahmen“ Hypothesen formuliert, die getestet werden müssen.
Kein Entweder/Oder - die Kombination machts
Beide Methoden haben ihre Vor- und Nachteile und zielen auf unterschiedliche Ergebnisse ab. Zur Wahl des richtigen Methodensets ist es ist wichtig, die Ziele und Bedürfnisse eines Projekts oder des aktuellen Projektabschnitts zu verstehen.
Eine neue Idee könnte sein, beide Ansätze zu kombinieren und für einen umfassenderen Produktentwicklungsprozess einzusetzen. So würden in LeanUX die wichtigsten vorab zu klärenden Punkte beantwortet und dann in den UX Power Days konkrete Lösungsideen erarbeitet.