Die vielen Facetten der Faceted Search

Renate Schinköthe

29.10.2014

Auf E-Commerce Plattformen und anderen suchlastigen Seiten etabliert sich die Faceted Search immer mehr. Kein Wunder, denn sie ermöglicht es, große Inhalts-Mengen leicht zugänglich zu machen. Durch verschiedenste Filter, so genannte Facetten, kann der Nutzer durch deren Auswahl den Content nach und nach einschränken, um das gewünschte Ergebnis zu erzielen. Vorteil ist, dass der Nutzer basierend auf Kriterien, die für ihn selbst wichtig sind, suchen kann.

Dieses Prinzip der Facetten-Suche funktioniert überall gleich, doch nicht alle sind gleichermaßen gut und einfach zu bedienen. Die Schwierigkeit besteht darin, die Vielzahl an Möglichkeiten für Darstellungen und Interaktionen in ein nutzbares Interface zu übersetzen. Dabei sollten folgende Punkte in Betracht gezogen werden:

1. Umfang und Komplexität

Am Anfang stehen natürlich die Facetten selbst. Für eine gute Usability ist es wichtig, die richtige Auswahl an Facetten und Werten zu treffen. Hierfür ist es hilfreich, das mentale Modell der Nutzergruppen zu kennen, da jeder Nutzer anders sucht und andere (Such-)Kriterien bevorzugt. Des Weiteren bietet sich eine Analyse der Ergebniselemente an, um deren Eigenschaften zu kennen. Hierbei sollten Gemeinsamkeiten gefunden werden, die sich als Facette eignen.

Die Kunst ist es, bei umfangreichen Inhaltsmengen ein ausgewogenes Verhältnis zwischen Anzahl und Varianz der Facetten herzustellen. Ist eine Facette definiert, müssen deren Werte bestimmt werden.

Um Facetten und deren Werte zu überprüfen, ist das Card Sorting eine hilfreiche Methode. Dabei können Wording Probleme aufgedeckt und die Struktur der Facetten optimiert werden. Es sollte ebenfalls beachtet werden, dass es nicht zu viele Facetten gibt, da die Nutzer sonst überfordert sind.

2. Auswahl der Werte

Nachdem die Facetten festgelegt sind, ist es wichtig, pro Facette zu bestimmen, wie sie dem Nutzer präsentiert wird. Je nach Facette ist es sinnvoll, eine unterschiedliche Darstellung zu wählen. Das Hauptmerkmal ist dabei die Art der Auswahl:

Bei einer Mehrfachauswahl sollte immer kritisch hinterfragt werden, inwieweit sie wirklich einen Mehrwert für den Nutzer bietet. Neben den anfänglichen Analysen ist hier auch die Entscheidung über die boolsche Verknüpfung wichtig. Standardmäßig werden zwei Werte über ODER verknüpft (Resultat enthält entweder Wert 1 oder 2). Bei einer UND Verknüpfung ist die Ergebnismenge immer geringer, da ein Resultat beide Werte besitzen muss, um angezeigt zu werden.

Amazon.de - Gefiltert nach Schuhe, Damen, Größe und Marke

Amazon.de: Die Facetten sind auf der linken Seite der Website angeordnet. Es werden verschiedenste Auswahlmöglichkeiten angeboten. Gewählte Werte werden oberhalb der Ergebnisliste als Breadcrumb angeboten.

3. Platzierung

Trotz Ratschlägen wie „Links ist am besten“ oder „Finger weg von der rechten Seite“ kann man nicht pauschal sagen, wie und wo die Filter am besten auf der Seite platziert werden. Dies muss entsprechend Kontext und Ziel individuell entschieden werden. Folgendes sollte man bei der Entscheidung bedenken:

Oben: Oberhalb der Ergebnisliste nehmen die Facetten viel Platz ein. Es können initial weniger Ergebnisse eingesehen werden. Auch wenn Nutzer scrollen, verbringen sie zunächst viel Zeit oberhalb des Page-Folds. Dropdowns werden oft genutzt, um hier Platz zu sparen, aber sie haben den Nachteil, dass die Werte nicht direkt erfasst werden können.

Links: Die linke Seite etabliert sich immer mehr als Standard. Große Shops wie Amazon oder eBay geben hier die Richtung vor und die Nutzer erwarten gleiche Pattern dann auch auf anderen Seiten. Bewiesen ist auch, dass der linke Bereich einer Website die meiste Aufmerksamkeit vom Nutzer erhält (F-Muster) und dies deswegen ein beliebter Platz ist.

Rechts: Im Gegensatz zur linken Seite wird der rechte Bereich kaum von den Nutzern beachtet. Trotzdem sollte man deswegen den rechten Bereich nicht sofort ausschließen. Sind die Filter nicht die Hauptfunktion der Seite, so finden sie hier einen guten Platz. Darüber hinaus sind Nutzer aus einem Blog-geprägten Umfeld es gewohnt, zusätzliche Angebote auf der rechten Seite vorzufinden.

Zalando.de - Gefiltert nach Schuhe, Größe und Marke

Zalando.de: Die Facetten sind als Dropdowns mit Checkboxen oberhalb der Ergebnisliste platziert. Gewählte Filter werden oberhalb der Dropdowns als Tags präsentiert.

4. Darstellung

Es ist wichtig, dass die Filter als solche erkannt und beispielsweise nicht mit der Navigation verwechselt werden. Um diesem Problem vorzubeugen, sollten Facetten nicht nur aus Links bestehen und Interaktionselemente wie Checkboxen direkt sichtbar sein. Dies widerspricht zum Teil dem Wunsch, Filter möglichst kompakt und einfach darzustellen. Facetten werden oftmals initial eingeklappt. Dies lässt zwar die Filterleiste kurz erscheinen, führt aber auch dazu, dass Nutzer immer einen zusätzlichen Klick durchführen müssen, um einen Wert auszuwählen. Es bietet sich also an, wichtige Facetten direkt zugänglich zu machen und nur weniger wichtige zu verbergen.

Die Filterliste kann auch deshalb als zu lang erscheinen, da es Facetten gibt, die sehr viele Werte besitzen. Hier empfiehlt es sich nur die wichtigsten oder häufigsten Werte anzuzeigen. Eine Übersicht aller Werte bekommt der Nutzer dann auf einen weiteren Klick. Diese können dann wie folgt dargestellt werden:

Overlay: Es öffnet sich ein Overlay oder Pop up, das alle verfügbaren Werte enthält. Der Nutzer tätigt seine Auswahl und bestätigt diese und das Overlay schließt sich.

Expand/Collapse: Auf Klick wird die gesamte Liste im Filterpanel selbst angezeigt. Dies führt dazu, dass alle Filter nach unten gedrückt werden und die Seite sehr lang werden kann.

iStockphoto.de - Gefiltert nach Suchbegriff und Dateityp

iStockphoto.de: Die Facetten sind auf der linken Seite platziert. Oberhalb der Facetten wird eine Übersicht aller gewählten Werte, gegliedert nach Facette, angeboten.

5. Gewählte Werte kennzeichnen und zurücksetzen

Damit ein Nutzer nachvollziehen kann, welche Werte aktuell ausgewählt sind, müssen diese entsprechend gekennzeichnet werden. Der einfachste Weg ist es, den gewählten Wert selbst zu kennzeichnen, indem der Name optisch hervorgehoben, die Checkbox mit einem Häkchen versehen oder der Radiobutton ausgefüllt wird. Bei vielen Facetten ist es jedoch schwierig, den Überblick über die aktuelle Gesamtauswahl zu gewährleisten. Deswegen wird diese Methode meist mit einer der folgenden verbunden:

Bereich oberhalb der Facetten: Oberhalb der Facetten gibt es einen Bereich, der alle gewählten Werte enthält. Der Vorteil ist, dass der Nutzer eine schnelle Übersicht erhält. Nachteilig ist aber, dass die Filter immer weiter nach unten gedrückt werden.

Bereich oberhalb der Ergebnisse: Oberhalb der Ergebnisse gibt es einen Bereich, der alle gewählten Werte enthält. Auch hier erhält der Nutzer eine schnelle Übersicht und die Filter verschieben sich nicht. Jedoch ist diese Darstellung für ungeübte Nutzer nicht so einfach zu verstehen, da die getätigte Auswahl nicht mehr im Bezug zu den Facetten steht, sondern an einen anderen Platz gerückt ist.

Zur Auswahl von Werten gehört auch immer die Möglichkeit, diese wieder zurück setzen zu können. Neben der Möglichkeit, einen Wert zu de-selektieren, bietet es sich an, global einen Link zum Zurücksetzen aller Facetten anzubieten.

Um nur eine Facette zurück zu setzen, gibt es folgende zwei Methoden:

Zurücksetzen-Link: Sobald in einer Facette ein Wert ausgewählt wird, wird ein zusätzlicher Link angeboten, der es ermöglicht, die Auswahl in der Facette wieder zu entfernen.

Alle-Wert: Alle Facetten enthalten einen „Alle“-Wert. Dieser Wert ist so lange ausgewählt, bis der Nutzer eine andere Auswahl trifft. Selektiert der Nutzer „Alle“ werden alle anderen Selektionen in der Facette entfernt. Dies ist vielleicht nicht der elegante Weg, aber es wird von Nutzern verstanden und genutzt.

Misterspex.de - Gefiltert nach Damen, Gesichtsform, Brillenform und Rahmentyp.

Misterspex.de: Die Facetten sind auch hier auf der linken Seite eingebunden. Es gibt lediglich eine Darstellung der aktuell gewählten Werte im Filter selbst, aber keine Übersicht.

Abschließend…

zeigt sich, dass trotz großer Verbreitung der Faceted Search kein einheitlicher Standard etabliert ist. Vor allem die Darstellung und Interaktionen unterscheiden sich in Details. Dies ist aber auch gut so, denn bei einem so komplexen Thema muss pro Nutzungsszenario entschieden werden, was die beste Lösung ist. Schließlich werden verschiedene Seiten in unterschiedlichem Kontext genutzt, sprechen verschiedene Zielgruppen an und dienen einem unterschiedlichen Zweck. Interessant ist aber bei allen Ansätzen das Potential, das die Faceted Search bietet … to be continued.

Renate Schinköthe

UX Designer

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