Seit einigen Tagen ist die neue Version der DB Navigator App verfügbar. Die App gibt Auskunft über Reiseverbindungen und ermöglicht es, direkt Tickets zu kaufen. Als Pendler, der mit dem Zug zwischen Rosenheim und München verkehrt, nutzte ich die App täglich, um mich über Verspätungen zu informieren. Daher habe ich das Update natürlich etwas genauer unter die Lupe genommen.
Auf den ersten Blick fällt das überarbeitete Design auf, das deutlich moderner und aufgeräumter anmutet. Neben dem neuen Flat Design liegt das vor allem daran, dass wichtigen Elementen mehr Platz gegeben wird und unwichtigere Optionen in den Hintergrund treten. So sind nun die Einstellungen zu Verkehrsmitteln und Umsteigezeiten zusammen mit denen zum Reisenden hinter einem gemeinsamen Button versteckt und auch die Auswahl von Datum und Uhrzeit nimmt deutlich weniger Platz weg. Das wichtigste Element, die Auswahl von Start- und Zielort, ist schön groß ins Zentrum des Screens gerutscht. Besonders gut finde ich als Pendler den eingeführten Toggle-Button, mit dem man Start und Ziel vertauschen kann. Das geht nun deutlich schneller und einfacher als über drag-and-drop wie bisher.
Leider ist damit für mich bereits das Ende aller positiven Änderungen erreicht und ich stoße auf Dinge, die ich nun sogar schlechter gelöst finde als bisher. So wird mir nun auf der Startseite ein Ausschnitt einer Karte mit dem Startbahnhof angezeigt. Das mag für manche Nutzer in speziellen Fällen sicherlich eine sinnvolle Funktion sein. Als Pendler finde ich es jedoch extrem lästig, dass nun mein mobiles Datenvolumen dafür genutzt wird, eine Karte zu laden, die mir einen Weg zeigen soll, den ich in- und auswendig kenne. Davon abgesehen bezweifle ich den Sinn einer Karte, die auf kleinen Smartphones gerade mal 2 mal 5 cm groß ist, selbst für Nutzer die tatsächlich den Weg suchen. Hier wäre ein kleiner Button, der zu einer Fullscreen Karte führt, deutlich sinnvoller gewesen.
Überhaupt habe ich das Gefühl, dass mit dem Update zwar versuchte wurde, besser auf die Bedürfnisse des Nutzers einzugehen, der Nutzungskontext der vielen Tausend Bahnpendler aber nach wie vor vernachlässigt wird. So bietet die zentrale Reisebegleitung „Meine Reise“ mit der Anzeige bevorstehende Umstiege, Echtzeit-Informationen zu Verspätungen und direktem Zugang zu Alternativ-Verbindungen tolle neue Funktionen für Reisende, die längere Strecken zurücklegen. Als täglicher Pendler, der seine Strecke und die Zeiten der möglichen Verbindungen bereits kennt, habe ich ganz andere Anforderungen. Genau genommen ist es sogar nur eine Anforderung. Es gibt morgens und abends genau drei Züge, die ich regelmäßig nutze. Alles, was ich wissen möchte, ist, ob es bei diesen Verbindungen zu Verspätungen oder Ausfällen kommt. Denn wenn ich vorab weiß, dass der Zug 15 Minuten Verspätung hat, dann kann ich diese auch noch sinnvoll zu Hause oder in der Agentur verbringen, anstatt gelangweilt am Bahnhof rumzustehen.
Für diesen Use Case bietet die App aber leider nach wie vor keine Lösung. Es gibt zwar grundsätzlich die Funktion „Verspätungsalarm“. Verbindungen, die hier berücksichtigt werden sollen, können aber nur höchst umständlich im Web und nicht in der App gepflegt werden. Ein Verspätungsalarm wird dann als Push-Notification in der App angezeigt, allerdings auch nur dann, wenn man auch dort eingeloggt ist.
Das Update der App ist daher für mich ein klassisches Beispiel dafür, was passieren kann, wenn die Analyse des Nutzungskontexts zu kurz kommt bzw. man sich zu wenig mit den Bedürfnissen von echten Nutzern beschäftigt hat. Um das zu vermeiden, versuchen wir am Anfang von Projekten Gespräche mit den Nutzern in Form von semi-strukturierten Interviews zu führen. Wie die daraus gewonnen Insights das finale Produkt beeinflussen, hat Anja in ihrem Blogartikel über Usability beschrieben. Ich würde mich sehr darüber freuen, wenn auch die Bahn zukünftig bei den App-Optimierungen alle Benutzergruppen mit bedenkt, und sowohl Pendler als auch Viel- und wenig Reisende berücksichtigt.