Schauen Sie sich mal die Fernbedienung Ihres Fernsehers: Hat sie nicht viel zu viele Tasten? Das ist zu mindestens bei fast allen Fernbedienungen so, darüber sind sich so ziemlich alle noch einig.
Ich möchte heute aber über einen ganz bestimmten Tastenblock sprechen: die rote, grüne, gelbe und blaue Taste. Das wirkt ja irgendwie sinnvoll. Weil auch unsere Kunden normale Benutzer typischer Fernbedienungen sind, werden wir regelmäßig mit der Frage nach „Farbtasten im UI“ konfrontiert.
Die schnelle Antwort: Die braucht kein Mensch. Und ich sage Ihnen auch, wieso.
Weil Farbtasten standardmäßig auf fast jeder Fernbedienung vorhanden sind, erweckt das den Eindruck, die Anwender am TV-Gerät wären daran gewöhnt. Viele TV-Anwendungen und UIs zeigen Farbtasten samt der damit verbundenen Funktionalität am unteren Bildschirmrand an: Drückt der Nutzer eine Farbtaste, ruft er die zugehörige Funktion auf. Es erscheint irgendwie praktisch, wenn Farbtasten im User-Interface als Short Cuts verwendet werden und auf einen Tastendruck zur gewünschten Funktionen springen.
Scheinbar einfach, in der Praxis Denksport
In der Praxis ist das Gegenteil der Fall. Weil man damit nicht mehr ein Interface (am Fernseher), sondern zwei Interfaces auf einmal (das am Fernseher und das der Fernbedienung) zu berücksichtigen hat.
Der Nutzer muss sich doppelt konzentrieren. Die Farbtasten lassen sich nämlich nicht ohne hinzusehen („eyeless“) nutzen . Er muss erst die Farbtaste am Bildschirm sehen, ihre Funktion verstehen, vom Bildschirm zur Fernbedienung schauen, dort die vier Farbtasten finden, die richtige wählen und zuverlässig drücken (oft sind sie klein). Und dann muss er zurück zum Bildschirm schauen, ob‘s denn auch geklappt hat.
Diese Prozesskette muss er bei jeder Funktion durchlaufen. Der Weg zum VoD-Leihvideo kann dadurch sehr lang werden. Was einfach erscheint (vier Kurztasten), belastet den Zuschauer kognitiv. Es macht keinen Spaß, wird zum Hindernis.
Hinzu kommt das Problem, dass die Funktion einer Farbtaste von Anwendung zu Anwendung, von Bildschirm zu Bildschirm, völlig unterschiedlich sein kann. Auch das zwingt den Anwender jedes Mal aufs Neue, sich zu überlegen, welche Funktion er will, welche Farbe sie hat und wo sich die Farbe als Taste befindet.
Im meist abgedunkelten Fernsehzimmer sind zudem blau und grün schwer zu unterscheiden. Könnte man sich die Reihenfolge nicht einfach merken? Theoretisch vielleicht, in der Praxis nannten bei unseren Tests acht von 10 Personen eine falsche Reihenfolge. Und die beiden, die richtig lagen, waren sich nicht 100 % sicher.
Konzentration. Fehlbedienung. Unsicherheit. Freudvolle Bedienung sieht anders aus.
Was ein TV-Interface braucht – und was nicht
Seit zehn Jahren konzipiert coeno TV-Oberflächen. Wir haben noch nie Farbtasten gebraucht. Es geht nämlich auch anders.
Ich plädiere bei jeder TV-UI-Planung dafür, sämtliche Funktionen über die Pfeil- und die OK-Tasten erreichbar zu machen. Mehr braucht kein Mensch.
- Pfeil-Tasten und OK sind auf jeder Fernbedienung vorhanden.
- Sie erlauben Eyeless-Bedienung ohne Hinzusehen: Der Anwender kann das typische Tastenkreuz erfühlen, er muss niemals auf die Fernbedienung schauen.
- Daraus folgt: Das Interface bleibt im Bildschirm. Der Anwender braucht nur dort hinzuschauen. Die Bewegungen mit den Pfeiltasten verbinden sich direkt mit einer Änderung am Bildschirm.
- Die Funktionen sind immer gleich: Bewegungen im Menü, Aktivierung der selektierten Option. Es gibt keinen sich ständig ändernden Kontext.
- Das Interface bleibt frei für wichtiges, statt stets die wechselnden Funktionen der vier Farbtasten einzublenden.
- Es funktioniert immer.
Mit der einfachen Kombination von Pfeil- und OK-Tasten bedient der Anwender nicht die Fernbedienung, sondern das User-Interface. Das Erleben ist dadurch näher. Und es macht Spaß. Genau das will positive User-Experience bewirken.
Beispiele
Hier zwei Beispiele: TV-Folgen auf maxdome lassen sich schnell auswählen, erweiterte Informationen abrufen, der Anwender kann zu anderen Serienblöcken springen und vieles mehr – Pfeiltasten zur Auswahl und OK zur Aktivierung reichen völlig aus, das inzwischen hochkomplexe Angebot einfach erlebbar zu machen.
Hier ein Interface von Vodafone TV. Was will der Benutzer bei einem Film? Ihn anschauen, den Trailer sehen, usw.. All das findet er sofort. Er muss nicht überlegen, welche Farbtaste ihm eine Funktion verschafft. Er muss sie weder finden noch drücken. Alle Funktionen sind über Pfeiltasten erreichbar, ohne dass der Zuschauer vom Bildschirm weg auf die Fernbedienung schauen muss. So ist er näher dran: Er erlebt das Interface geradezu, statt es mit einer Fernsteuerung zu bedienen.